“Mama, puh machen”

In ihrem Buch Funktionelle Entspannung schildert Marianne Fuchs ihr Vorgehen bei der „Entdeckung des Weges zur F.E.“ so:

(7. Auflage, S. 14/15)

„Das mich selbst überraschende Ergebnis im Umgang mit diesem Kind war, dass sich der gestörte Atemrhythmus umbahnen und normalisieren ließ, ohne dass er bewusstgemacht wurde. Im Verlauf eines Jahres ließen sich im Entstehen begriffene asthmatische Anfälle coupieren, oder es ließ sich ihnen vorbeugen. Der (inzwischen zweijährige) Junge hatte gelernt, sofort zu reagieren, wenn er seine zunehmende Bedrängnis spürte, indem er mich rief: „Mama, puh machen!“ Meine Zuwendung bestand vor allem darin, dass ich meine mitfühlende Hand auf seinen Brustkorb legte und seine Körperempfindungen – vor allem in Richtung des Nachgebens und des (Luft-)Hergebens – unterstützte. Dieser präverbale, therapeutische „Handlungsdialog“ tat ihm sichtlich und spürbar wohl, und deshalb führten wir ihn auch in störungsfreien Zeiten als normalen Kontakt zwischen Mutter und Kind fort. Die ständigen Wiederholungen führten allmählich dazu, das sich das Kind dieses Kontaktes buchstäblich erinnerte, sobald der Rhythmus zu entgleisen drohte, auch wenn die mütterliche Hand nicht sofort zur Verfügung stand.

Anfangs gelang dem Kind das Loslassen nur ganz kurz. Ich durfte nichts erzwingen und begleitete deshalb sein Nachgeben äußerst einfühlend, immer wieder ein Stückchen weiter, bis es offensichtlich zunehmend Mut zum mehr Hergeben von Luft bekam. Mein deutliches „Puhsagen“ im Verlauf seines Ausatmens übte eine unterstützende Wirkung aus – schon in der Zeit, in der es noch nicht mitstöhnen und mitbrummen konnte, weil es zu klein war. Später lernte es das leicht, ohne dass es erneut Luft zurückhielt und staute. Das Empfinden des Loslassens und Nachgebens war inzwischen fest eingeprägt.

Der Erfolg meines einfühlenden Wahrnehmens und Mitempfindens bestand in der Korrektur gestörter Körperfunktionen über eine Rhythmusänderung. Wenn ich mein Vorgehen als präverbal bezeichne, meine ich nicht, dass ich nicht auch meine Stimme – vor allem über das „Puhsagen“ – miteingesetzt hätte. Dies geschah aber nicht über Appelle in Form gestalteter und gezielter Worte oder Wendungen, die sich an Willen und Verstand gerichtet hätten. Der entscheidende Erfolg wurde auch nicht allein durch die angstnehmende Nähe und die beruhigende Berührung seitens der Mutter erzielt; wichtiger wurde die Selbstbeteiligung des Kindes, das den „Aufforderungscharakter“ der Berührungen – transmodal – „verstand“, Abwehr und Verhaltenheit aufzugeben, Loslassen und (Luft-)Hergeben wagte. Dieses „therapeutische“ Anfassen in verantworteter Beziehung ist lehrbar.“